KAPITEL XIII
Sihanoukville – Ballermann Asian Style
So ein TukTuk-Fahrer hat’s nicht leicht, schon gar nicht mit deutschen Touristen, die einfach mal pünktlich und verläßlich sein wollen. Die Hochzeit gegenüber war auf dem Weg zu ihrem Höhepunkt, als wir trommelnd auf den Fahrer warteten für den kurzen Zwischentransport zum Busterminal, -station oder was sonst als Stelle bezeichnet wird, wo irgendwelche Busse von hier nach da fahren. Mit angegebener Abfahrtszeit wohlbemerkt, da hält sich Unsereins doch dran, nicht wahr?
Zum x-ten Male gestiefelt (also Ari in Badelatschen = „FlipFlops“ und ich in mittlerweile überforderten Sportschuhen) und gespornt (in Form von geübten Reinstopfens unserer Klamotten + Reiseführerstapel, neue Taschenlampe, Camping-Kochset, Wurfzelt, etc. in den Rucksack ) und mit Zeitdruck im Nacken, wollten wir keinesfalls den Bus verpassen. Über Sihanoukville hatten wir einiges gelesen und auch von der Ukrainerin, die dort lebt, uns erzählen lassen.
Vor allem endlich wieder im Meer baden, war unser größter Wunsch nach Dschungel, Mangroven, Fluss und Wasserfall. Das Moped mit Anhänger kam dann auch endlich und der Bus war sowieso noch nicht bereit, also klappte mal wieder alles irgendwie.
Die Fahrt selbst war zunächst richtig relaxed, aber ab der Kreuzung Phnom Penh/Küste entwickelte sich die Strecke abfallend, nach deutschen Maß gemessen: Ax-Bx-Lx-Kx Teilweise hatten wir das Gefühl, dass es eigentlich gar keine Strasse mehr gab, nur alle rein aus Gewohnheit da lang fuhren. Eine Pause an einer typisch asiatischen Raststätte kam uns dann auch sehr gelegen. Diese Haltestellen bieten Essen, Getränke (manchmal im Fahrpreis inbegriffen), Schnick Schnack und Umsteigemöglichkeiten an. Kaum hat man sein Geschäft erledigt, ne Zigarette geraucht und sich auf das Essensangebot gefreut, hupte es laut, drohend zur Weiterfahrt mahnend. Einerseits eine Gelassenheit beim Fahrplan und andererseits immer diese Hetze..
Jedenfalls kamen wir nach 3,5 Std. (oder waren es 5,5?) in Sihanoukville am dortigen Bus/Taxi/TukTuk-Treff an. Man stürzte sich auf die aussteigende Busgemeinschaft, um einen möglichst wertvollen Transportlift zu ergattern, das kannten wir ja nun zur Genüge und waren ganz relaxed auf die Fragen: „TukTuk Sir?“ oder „Where You go?“ und antworteten: „No thank You, we stay here!“, was die Bringedienstleister etwas verwirrte. Wir hatten uns im Werbereiseführer ein Guest House, Namens: „Utopia“ ausgesucht, wollten aber erst mal den Ansturm abwarten, um so vielleicht eine bessere Verhandlungsstrategie zu ersinnen und vor allem eine Zigarette nach der anstrengenden Fahrt geniessen.
Das klappte auch und wir gingen erwartungsfroh durch das Portal dieser zukunftsträchtig erscheinenden Herberge, die ziemlich ausgebucht war, wie wir erfuhren. Es war Samstag und wie man unschwer erraten konnte, war hier wohl utopisch der Teufel los, es roch auch stark nach alkoholischen Umkehrschlüssen..
..allerdings war es bestimmt auch mal ganz hübsch und kreativ gewesen hier, nur hat diese Unterkunft nun offenbar ein anderes Konzept, was Schönheitsreparaturen ausschließt. Nun denn, $ 10.- pro Nacht war okay und wir checkten ein.
Um noch rechtzeitig den Sonnenuntergang und die Ankunft mit einem kühlen Bier am Strand geniessen zu können, machten wir auch gleich los. Au Weia, hier brennt aber mal die Luft, überall blinkte es und zig Bars lockten mit allen Möglichen. Der Strand war vollgepackt mit Sonnenschirmen und ein Laden neben dem anderen, hmmhh..? Das ist also der Serendepity Beach? Sieht ja aus wie am Ballermann!
Wir waren schlagartig unsicher, ob wir hier lange bleiben werden. Aber nun waren wir da und hungrig.
Die wunderschön untergehende Sonne versöhnte uns und es ging auf die Suche nach einem Restaurant unseres Vertrauens. Gegenüber des utopischen Feiertempels wurden wir im "Seahorse"fündig und bekamen das, was wir wollten und studierten anschließend den Werbereiseführer. Und außerdem sollte ja hier irgendwo Victoria und das „JJ’s“ sein. „JJ“ ist eine dieser Bars am Strand und war gar nicht weit weg, als wir des Nächtens noch einen Erkundungsgang unternahmen, die „Utopia-Sauforgie“ vermeidend. Und tatsächlich trafen wir den Freund von Victoria aus dem Minibus zur Grenze. Er erzählte uns, wo wir Morgen sie treffen können und wir waren guter Dinge. Auch weil hier viele Feuerspieler auftraten..
Dann fiel mir eine Szene auf, die mich in die Realität zurückholte. Ein sichtbar älteres Kaliber westlicher Herkunft hatte eine Schar Kinder von ca. 5-7 Jahren um sich geschart und spendierte fleissig Getränke und Süßigkeiten, was die Kleinen mit Umarmungen und Küsschen auf seine Wange dankten! Wer hat da wen im Griff (organisierte Kinderanmache versus geiler Opi), war meine Frage. Ich kenn mich da nicht aus und wollte auch Niemand in eine Schublade stecken, aber bildlich festhalten wollte ich das schon.
Victoria arbeitet in dem Klamottenladen ihres Freundes und hiess uns herzlich willkommen am Tag darauf. Sie gab uns auch den entscheidenden Tip für eine bessere Unterkunft, als wir ihr von den utopischen Zuständen und unser Unwohlsein dort berichteten. „GBT“ ist am Ort der Preis/Leistungsprimus und wir zögerten auch keinen Augenblick mit der Buchung von 4 Tagen, als wir uns ein Zimmer ansehen durften dort. Es war sogar um $ 2.- günstiger als das andere und wesentlich schöner eingerichtet!
Sihanoukvoille begann, uns zu gefallen, wir hatten jetzt eine schöne Unterkunft, 5 Strände zur Auswahl und wir wollten das endlich mal urlaubsmäßig auskosten. Fehlte nur noch ein fahrbarer Untersatz, aber die gab‘s hier ja auch zu Hauf für $ 5.-/Tag und ich schlug beim nächstbesten Verleiher meines Vertrauens ein. Für mich als ehemaligen Verweigerer jedweden motorisierten Zweirads ein schier unglaublich entschlossenes Handeln. So planten wir nun die ganze Region, inkl. der doch recht großen Stadt für uns zu erschließen. Im Werbereiseführer ganz besonders beworben wurde der Otres Beach, das wollten wir wissen und fuhren den Umweg um das geschützte Areal eines werdenden Naturparks herum.
Der Strand war wirklich toll, aber ein weiterer Umzug scheiterte, da nun wirklich alles ausgebucht war oder so teuer, dass unsere Reisekasse hätte magisch aufgestockt werden müssen. So badeten wir nur und gaben diesen Plan auf. Das Essen im GBT und überhaupt die ganze Organisation dort entschädigte uns, so als ob sich die Unterkunft bedanken wollte für unsere Entscheidung. So gehört sich das. Abends gingen nun die Parties richtig ab, alle asiatischen Vorurteile wurden bedient: Stripbars mit kleinen hübschen Mädels lockten die xxx-hungrigen Männer an, überall erscholl laute Tanzmusik und zwischendurch wurde jede Menge Tand zum Kauf angeboten, wir waren einfach nicht die Zielgruppe und suchten die Nischen.
Also hiess es, die Aktivitäten in den Tag zu legen, schließlich waren wir ja wieder mobil.
Wir wollten uns auch mal die anderen Strände angucken, aber nicht mehr wegen Unterkunftswechsel. Früh machten wir uns auf und fuhren, diesmal zu zweit auf einem Roller einfach drauf los, immer neugierig, was es so alles zu entdecken gäbe. Anscheinend hatten wir mit unserer Wahl das richtige Verhältnis zwischen Strand/Unterkunft und Preis erwischt, da es nirgends entscheidend schöner oder günstiger war. Auch gut..
Märkte üben auf uns, wie bestimmt auch vielen anderen Reisenden immer einen besonderen Reiz aus, also nach Downtown, Roller parken (und Parkplatz merken!) und ins Getümmel. Der Vorteil eines „Backpackers“ liegt darin verborgen, dass man lockenden Angeboten leichter widerstehen kann, da alles die Filter: Reisekasse / Gewicht / Zweck passieren muss.
Und so verschafften wir uns einfach nur einen Eindruck und lediglich ein exotisches Getränk wurde von Ari auf Geschmacklichkeit hin überprüft. Sich bei aufkommendem Hungergefühl der Nase, der Menukarte und dem Belegungsgrad durch Einheimische einer Restauration nach treiben zu lassen, war uns zu einer täglich mehrmalig durchlaufenden Routine geworden. Allerdings gelang es nicht immer, die Trefferquote auf diese Art zu steigern, manche Überraschung nahmen wir dadurch in Kauf.
Hier wurden wir aber nicht nur recht preiswert satt, sondern waren kulinarisch von der kambodschanischen Küche sehr angetan. Und offenbar war man auch religös, wie man auf dem Bild rechts erkennen kann.
Anmerkung
Beim Schreiben dieses Absatzes fällt mir spontan eine nicht erzählte Anekdote zum Kapitel IX – Provinz ein. An unserem letzten Abend in Ban Phe (Th) wollten wir mal richtig schick essen gehen, da uns der Eric (Chumpon) ja geraten hat, ruhig auch mal etwas gehobenere Küche auszuprobieren, erinnerten wir uns. Eine Lokalität schien uns diesen Anspruch erfüllen zu können und wir nahmen etwas abseits direkt am Ufer Platz.
Es roch schon verlockend und mir schwebte ein Gericht mit Seafood vor, da man sich hier offenbar darauf spezialisiert hatte. Unsere Bestellprozedur überforderte die nette aber hilflos dreinchschauende Kellnerin und es kam eine weitere hinzu. Die hatte schon mal gehört, dass es wohl Menschen gibt, die nun mal kein Fisch, Fleisch etc. mögen und gab einen Tip auf der Menukarte. Unsicher, ob man uns wirklich verstanden hat, kam nun ein männlicher Kollege, so was wie ein Oberkellner oder gar Restaurantchef und nahm sich der komplizierten Touristenbestellung an.
Mit dem Finger auf die jeweiligen Bilder tippend, bestätigten wir unsere Wünsche: „Yes Sir, this one for the lady and this for me and one Papayasalad, please!“ und lehnten uns zurück auf das leckere Essen freuend. Gut dass wir etwas abseits sassen, denn andere Gäste verfolgten diese, für das Lokal vielleicht peinlich wirkende Szene, dass sich 3 Angestellte um einen Tisch kümmern müssen. Dann kam endlich aus der Küche die Bedienung mit zwei großen Suppenterrinen unterschiedlichen Inhalts (eine klare und eine rötliche Gemüsesuppe mit "Morning Glory" drin) an und wir dachten: „Wow! Suppe vorher, scheint also doch nobel zu sein", was die Preise ja auch vermuten liessen. War zwar schon eine ganze ordentliche Portion so eine volle Terrine, wir hatten aber Hunger und Zeit genug, es genüsslich auszukosten.
So, das war schon mal gut, mal sehen, was gleich kommt. Nach ca. 10 Min. schoben wir demonstrativ die beiden Terrinen in der Tischmitte zusammen, um zu signalisieren, dass wir jetzt bereit sind für Hauptbestellung. Nach weiteren gefühlten 15 Min. kam die erste Kellnerin und räumte wortlos ab. Aha, jetzt geht was. Aber nichts ging, bzw. kam, wir wurden ungeduldig und rätselten hin und her. Nun bemerkte man uns und man brachte uns die Rechnung, was uns nun völlig verdutzte. Der Oberkellner musste her, denn er schien uns der Einzige zu sein, der das Mißverständnis hätte klären können. Tat aber auch er nicht. Wir hatten trotz dreifacher Bestellungswiederholung was total anderes bekommen!
Um kein weiteres Aufsehen mehr zu erregen, zahlten wir gequält lächelnd und verschwanden aus diesem Seafoodtempel, immer noch oder schon wieder hungrig, eine Strassenküche aufsuchend.